archivierte Ausgabe 1/2012 |
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»Heißa, Mädel, tanz die Polka« |
Der Bär ist los: »Die verkaufte Braut« in Berlin |
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»Die verkaufte Braut« in Berlin: Anna Samuil (Marie), Burkhard Fritz (Hans)und der Chor der Staatsoper Berlin |
Welche Oper verkörpert mehr das Bild böhmischer Volkstänze als Smetanas »Die verkaufte Braut«. In der neuen Inszenierung an der gerade im Schillertheater spielenden Berliner Staatsoper wähnt man zu Anfang viele Volkstänze in farbenfrohen Kostümen zu sehen zu bekommen. Doch täuscht dieser erste Eindruck. Regisseur Balázs Koválik bricht diese Volkstümlichkeit schnell. Zur Ouverture fährt der schwarze Vorhang nur einen Meter nach oben und gibt einen breiten Sehschlitz frei auf allerhand wirbelnde Mädchenbeine, die zur Polka über die Bühne flitzen. Bauernburschen sägen Holz. Dazwischen doch ein unpassendes Beinpaar: Jeans und Karohemd erblicken wir da. Wer ist das? Ein junger Mann, der versucht mit einer Maid anzubandeln. Diese dreht sich aber so eifrig zum Tanz, dass sie schließlich abhebt und nach oben davonfliegt. Ein netter Gag. Der junge Mann bleibt auf der leeren Bühne. Wir sehen ihn eine Landschaft zeichnen. Diese wird ins Riesenhafte vergrößerte und überraschend mit einer riesigen Fototapete eines Waldes hinterlegt. Sie wird den Hintergrund des weiteren Stücks bilden. Dann tauchen Menschen in Alltagskleidung auf. Sie bringen den unbeholfenen Jüngling ziemlich durcheinander. Sie kochen und backen und wirtschaften, schließlich gilt es die bevorstehende Kirchweih vorzubereiten. Das könnte irgendwo in Mitteleuropa so stattfinden. Das hat Balázs Koválik gut beobachtet.
In diese Szenerie werden schließlich zwei Vitrinen mit Kostümfigurinen gefahren. Die als traditionelles Brautpaar kostümierten Figurinen stellen sich schnell als Hans und Marie heraus, die eigentlichen Hauptpersonen des Stücks. Überhaupt werden uns die tradierten Formen ländlichen Lebens in immer neuen Vitrinen präsentiert. So vermeidet das Produktionsteam die Abgleitung in eine konventionelle Inszenierung und schafft gleichzeitig die Möglichkeit, unser tradiertes Bild einer »verkauften Braut« zu erhalten.
Csaba Antal (Bühnenbild) und Bettina Walter (Kostüme) gönnen uns ländliche Stuben und volkstümliche Kostüme und überhaupt ein ganzes Dorf. Doch hat sich das Produktionsteam wohl gefragt, wo man heute so etwas noch findet. Natürlich. Im Heimatmuseum. So ist das ganze Dorf in Vitrinen musealisiert.
So ist konsequenterweise auch das Haus der Brauteltern Kruschina und Ludmila in eine Vitrine eingezwängt. Eng wird es, wenn der Heiratsvermittler Kezal auftaucht und sich auch noch an den Tisch zwängt. Wenn dieser den erwünschten Bräutigam, den Sohn des reichen Bauern Mischa, anpreist, erkennen wir in einem tolpatschigen Jüngling, der vergeblich versucht eine Kuh zu melken, den jungen Mann der Anfangsszene. Es ist also Wenzel, der Sohn des reichen Mischa. Natürlich weigert sich Marie den Heiratsvertrag zu unterzeichnen, weil sie ja mit Hans liiert ist. Neben dem Modell der Dorfkirche schwören sie sich ewige Liebe. Anna Samuil gab die mal liebevolle und mal zänkische Marie mit schönen Tönen. Burkhard Fritz hatte in der Vorstellung am 2. Dezember so seine Probleme mit den von ihm doch hart gestemmten Höhen. Das stellt Kruschina vor ungeahnte Probleme, da er vor Jahren schon Marie versprochen hat als Gegenleistung für einen Kredit, den er nie zurückgezahlt hat. Marie greift nun selbst in die Handlung ein und erzählt Wenzel Gräuelgeschichten über seine Braut, die er ja noch nicht kennt. Das tut sie so überzeugend, dass Wenzel sich tatsächlich weigert den Heiratsvertrag zu unterzeichnen. Umgekehrt wird auch Kezal aktiv und versucht Hans die Braut auszureden und bietet ihm sogar Geld an. Hans geht auf den Handel ein und verzichtet auf Marie unter der Bedingung, dass nur ein Sohn des Mischa Marie heiraten solle. [...]
Klaus J. Loderer
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