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Berichte aus Ungarn
Experten-Power
Seit dem 14. April hat Ungarn eine neue Regierung. Sie steht unter Leitung des bisherigen Wirtschaftsministers Gordon Bajnai und soll die Finanz- und Wirtschaftskrise meistern. Zwar war im Vorfeld immer von einer »Expertenregierung« die Rede, doch besteht nunmehr ledig-lich ein Teil des Kabinetts aus quasi unabhängigen Fachleuten. Größer hingegen ist die Zahl altbewährter Vertrauensleute der Sozialisten aus der Gyurcsány-Regierung. Der oppositionelle Fidesz lehnt jedwede Zusammenarbeit, ja sogar den Dialog mit Bajnai und seinen Leuten ab, und besteht auf vorgezogene Wahlen. Tausende von Rechten und Radikalen demonstrierten vor dem Parlament gegen die Linksregierung. Seine Regierung hege keine politischen, sondern fachliche Ambitionen, sagte Bajnai im Parlament. Die neu in die Regierung gelangten Experten würden nach einem Jahr keine Positionen anstreben.
Gegen die Wahl des neuen Regierungschefs existieren keine wie auch immer gearteten verfassungsrechtlichen Bedenken, stellte Präsident László Sólyom nach einem ersten Treffen mit Gordon Bajnai fest. Gleichzeitig wiederholte der frühere Vorsitzende des Verfassungsgerichtes seine schon früher geäußerte Ansicht, wonach er »im Interesse des Landes vorgezogenen Wahlen den Vorzug gegeben hätte.« Nach ihrem Treffen nahm der zu den Konservativen zählende Staatspräsident die Möglichkeit wahr, um den Radikalen indirekt zu antworten. Er betonte, dass er keine rechtliche Möglichkeit zur Auflösung des Parlaments habe. Sólyom bat Bajnai, die Interessen der Ärmsten bei der Kürzung der Sozialausgaben zu berücksichtigen.
Laut einem Beitrag der Budapester Zeitung soll der parteilose Bajnai an der Spitze einer »Expertenregierung« das zuwege bringen, woran Ferenc Gyurcsány gescheitert ist, sprich, den Karren der ungarischen Wirtschaft aus dem Dreck ziehen. Im Hinblick auf die wirtschaftspolitischen Maßnahmen hatte Bajnai bereits früher gesagt: »Es wird weh tun, und zwar allen Familien in Ungarn.« Der neue Regierungschef plant vor allem die Ausgaben des Staates drastisch zu senken. Den Rotstift will Bajnai allen voran bei den Sozialleistungen ansetzen: Bei der Familienbeihilfe und dem Kindergeld, bei den Renten, bei den Wohnungsbauförderungen und bei den staatlichen Kompensationszahlungen für Gas und Fernheizung. Gegen einen Erfolg der »Mission Impos-sible« sprechen im Moment mehr Gründe als für ihn. Das Kabinett ist eher MSZP-Regierung mit einigen Experten geworden. Durch ihre mangelhafte Regierungsarbeit hat sich die Partei inzwischen auf ein Allzeittief gedrückt und parallel dazu ihren Hauptkontrahenten Fidesz in eine Höhe hinaufbefördert, dass dessen überwältigendem Wahlsieg momentan nichts mehr im Wege zu stehen scheint.
WH



Ärztemangel in Ungarn
Der Mangel an Ärzten und Pflegepersonal wird immer mehr zum Problem. Über 1.600 Fachärzte fehlen, 148 Praxen von Hausärzten sind nicht aktiv und für rund 4.000 Pflegepersonal-Posten gibt es keine Bewerber. Hauptursache ist der unverhältnismäßig niedrige Verdienst im staatlichen Gesundheitswesen, der vor allem junge Ärzte und Krankenpfleger ins Ausland treibt.
WH



Bayerisch-ungarische Wirtschaftskooperation
Ungarn ist nach Tschechien der größte Außenhandelspartner des Freistaates Bayern. Aktuell sind rund 2.400 bayerische Unternehmen zwischen Ödenburg (Sopron) und Debrecen aktiv. Doch trotz Wirtschaftskrise und der schwierigen innenpolitischen Verhältnisse gelang es den beiden Partnern, das gesamte Handelsvolumen im Jahre 2008 um ein Prozent auf 9,6 Mrd. Euro zu steigern. Traditionell pflegen Ungarn und der Freistaat gute wirtschaftliche Beziehungen. Allein seit dem ungarischen EU-Beitritt sei das Handelsvolumen um 45 Prozent gestiegen. Angesichts des Bestrebens, diese Handelsbeziehungen noch weiter auszubauen, warnte die bayerische Staatssekretärin für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, Katja Hessel, vor protektionistischen Maßnahmen im Zeichen der Krise: »Gerade bei zwei so exportorientierten Ländern«, so die Staatssekretärin, »ist es wichtig, die engen wirtschaftlichen Beziehungen weiterhin aufrecht zu erhalten«.
WH



Sparmaßnahme
Außenministerium soll Botschaften schließen

Die Budgetkrise zwingt auch dem Außenministerium drastische Sparmaßnahmen auf. Das Budget des Ressorts von 48 Mrd. Ft für dieses Jahr war bereits recht angespannt, doch bescherte der Kursverlust des Forint zusätzliche, fast unüberwindliche Schwierigkeiten. Es wird eine Reduzierung der Auslandsvertretungen um ein Viertel erwogen. Das könnte bedeuten, dass mehrere Vertretungen in Hauptstädten wie Paris oder Wien zusammengelegt und Konsulate geschlossen werden. Auch Botschaften in Asien und Afrika könnten der Budgetkrise zum Opfer fallen. Innerhalb der nächsten zwölf Monate werden an 15 bis 20 Vertretungen Botschafterwechsel aktuell. Die Oppositionspartei Fidesz ließ bereits wissen, dass sie dazu angesichts der innenpolitischen Lage keine Zustimmung geben werde. Laut Fidesz soll nicht erlaubt werden, dass Kader der Gyurcsány-Regierung »hinübergerettet« werden.
WH



Rüge durch Ombudsmann
Pietätsverletzung in Schorokschar (Soroksár)
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts siedelten in größerer Zahl Deutsche in nach der Türkenherrschaft entvölkerte Gebiete Ungarns. Dazu gehörte auch Schorokschar (Soroksár). Dank der fleißigen Arbeit der deutschen Kolonisten erfuhr auch dieses Gebiet eine gute Entwicklung und so erlangte die Großgemeinde den Rang eines Marktfleckens. Die Nachkriegsgeschichte brachte für Schorokschar durch die Vertreibung von etwa 6500 Menschen viel Leid und Unheil, fast jede Familie wurde zerrissen, die nicht nur ihr Hab und Gut, ihre Angehörigen hier lassen mussten, sondern es gab auch keine Nachkommen, die die Gräber der Ahnen gepflegt hätten. Schorokschar wurde an Pestelisabeth angeschlossen (XX. Bezirk von Budapest), und auf dem dortigen Friedhof wurden dann alle Toten beigesetzt.
Nun hat der Minderheitenombudsmann Ernő Kállai in einem Bericht schwerwiegende Verletzungen des individuellen und des kollektiven Rechtes auf Identität festgestellt. 1985 sollten die Schorokscharer Friedhöfe geschlossen und die Gräber eingeebnet werden. Aber es kam nicht so weit. Doch sind diese stillgelegten Friedhöfe mit den Jahren heruntergekommen bzw. die Grabmäler zugrundegegangen.
Im Sinne des Bestattungsrechtes kann das Gelände eines Friedhofes nur dann zu anderen Zwecken genutzt werden, wenn die Gebeine zuvor exhumiert wurden. In Schorokschar wurden die Friedhöfe vom Bezirk vermietet und der Friedhof in der Sankt-Lorenz-Gasse (Szent Lörinc utca) verkauft. Bereits 2007 signalisierte die Generalstaatsanwaltschaft in Budapest, dass diese Verträge gegen Rechtsregeln verstoßen würden, weshalb diese aufgehoben wurden und die Friedhöfe wieder in den Besitz des Bezirks gelangten. Der Südfriedhof (Déli Temetö) ist derzeit sehr vernachlässigt und wird als illegales Mülldepot benutzt. Die Kommune schrieb 2007 eine öffentliche Bewerbung für die Räumung des Friedhofs auf der Szent Lörinc út aus. Darum bewarb sich der Unternehmer, der dieses Areal früher aufgrund eines ungültigen Vertrages gekauft hatte. Die Exhuminierung übernahm eine Gesellschaft, welche in diesem Bereich keine Erfahrung hat, und Fotos beweisen, dass die Pietät verletzt wird. Dabei muss auch die Kommune Verantwortung tragen. Bis heute kann man nicht eindeutig wissen, wer unter welchen Umständen die Gebeine einäschern ließ und wohin sie kamen.
Die Sanierung des Friedhofes war nicht fachgerecht, noch im März 2009 konnten auf dem Terrain des Friedhofes Menschenknochen gefunden werden. Auch fehlten Genehmigungen von den staatlichen Stellen. Die Kommune hält das Verfahren für erledigt und kümmert sich nicht weiter darum, dass hier Minderheitenrechte verletzt wurden, weil Gräber und Grabstätten aus gar mehreren Jahrhunderten verwüstet und die Pietät mit Füßen getreten wird.
WH



Zsolt Páva ist neuer Bürgermeister von Fünfkirchen
Katalin Szili, die Kandidatin der MSZP und gleichzeitig beliebteste Politikerin der Sozialistischen Partei, musste am 24. Mai eine schmähliche Niederlage einstecken. Mit rund doppelt so vielen Stimmen gewann Zsolt Páva (Fidesz) die Wahl zum Bürgermeister von Fünfkirchen (Pécs). Dadurch ist die über zehn Jahre dauernde sozialistische Herrschaft in der Stadt vorüber. Unter Pávas Federführung wird Pécs 2010 seinen Titel als Kulturhauptstadt Europas antreten. An sich eine angenehme Aufgabe, im Blick auf die Entwicklung bzw. Nicht-Entwicklung der geplanten Projekte aber vielmehr eine undankbare Geschichte.
WH
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