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Berichte aus Ungarn
»Ungarische Garde« aufgelöst
Da die »Ungarische Garde« (Magyar Gárda) den Minderheiten im Land Angst einjage und gegen das Vereinsrecht verstoße hat im Dezember ein Gericht in Budapest den Trägerverein aufgelöst. Dessen Vorsitzender Gábor Vona, der zugleich auch Vorsitzender der rechtsextremen Partei »Jobbik« (Bewegung für ein besseres Ungarn) ist, hat angekündigt, gegen das Urteil in Berufung zu gehen.
Zuletzt hatte die »Garde« für Aufsehen gesorgt, als sie sich an der Blockade von Grenzübergängen zwischen Ungarn und der Slowakei beteiligte. Die »Ungarische Garde« wurde 2007 gegründet und hat derzeit ungefähr 5000 Mitglieder. Eine »Vereidigung« der ersten Gardisten fand am 27. August 2007 auf dem Burgberg in Budapest statt. Die »Garde« tritt üblicherweise uniformiert aber unbewaffnet auf. Dabei werden vor allem Parolen gegen Zigeuner und Juden verkündet. Die Aufmärsche finden deshalb häufig in Zigeunersiedlungen statt. Das Verbotsverfahren war von der Staatsanwaltschaft vor allem deshalb angestrengt worden, dass die »Garde« die menschliche Würde der Zigeuner und anderer Minderheiten verletze.
kjl

Doppelmord wegen Entlassung
Anfang Januar sorgte ein Doppelmord für Schlagzeilen. Der zweifache Totschlag ereignete sich am 7. Januar in der Grund- und Sonderschule auf der Budapester Insel Csepel. An diesem Mittwochmorgen waren der Wirtschaftsdirektor und der Schulwart wegen mutmaßlicher Veruntreuung von 3 bis 4 Mio. Forint (10.950 bis 14.600 Euro) entlassen worden. Aus diesem Grunde vereinbarten die beiden Geschassten mit dem Direktor der Schule ein Treffen in den Abendstunden, der auch stellvertretender Fraktionschef der Sozialisten in diesem Bezirk ist. Zum Treffen wurde er vom stellvertretenden Direktor begleitet. Nach einer halben Stunde soll der Schulwart eine Pistole gezückt und den Schuldirektor und dessen Stellvertreter mit Kopfschüssen getötet haben. Indes wurde das Gespräch und der Doppelmord von einem Diktiergerät aufgenommen. So konnte die Polizei nur zwölf Stunden nach der Tat den Wirtschaftsdirektor und den Schulwart in Gewahrsam nehmen. Der Wirtschaftsdirektor war auch Mitglied der MSZP-Fraktion im Bezirk.
WH

Leben in Bátaszék
Vieles will die Stadt im Bildungswesen verbessern: Schon im Kindergarten soll mit dem internationalen Austausch begonnen werden, wobei man an gemeinsame Ferienlager mit Kindern aus den Partnerstädten denkt. Da es in der Hauptschule immer weniger Schüler gibt, d.h. nur noch drei Parallelklassen, stehen Lehrerstunden zur Verfügung, in denen sich die Erzieher intensiver um Arbeitsgemeinschaften, Projekttage und intensivere Schülerbetreuung kümmern können. Am Gymnasium soll vor allem auch der Fremdsprachenunterricht durch mehr Stunden verstärkt werden. Eine Diskussionsrunde mit Bürgermeister, Lehrern, Elternbeiräten und Schülervertretern befasste sich mit der zunehmenden aggressiven Haltung der Schüler, die auch dem Elternhaus angekreidet wurde oder ganz allgemein der mangelnden Disziplin in der Gesellschaft, deren Spiegelbild die Kinder sind. Als Maßnahmen hat man bereits beschlossen, keinen Schüler mehr im Schulbereich unbeaufsichtigt zu lassen und die Klassenzimmer außerhalb des Unterrichts zu schließen, dass vor allem auch in Hohlstunden dort keine Verwüstungen angerichtet werden können.
Die Stadt hat im letzten Haushaltsjahr einen Überschuss von 160 000 Euro erzielt. Diese können die Eigenleistung zu den zugesagten Mitteln der EU sein, mit denen wesentliche bauliche Verbesserungen finanziert werden sollen: Erweiterungen des Kulturhauses, Umbau eines ehemaligen Kindergartens zu einem Touristenhotel, Modernisierung der Kinderkrippen, Erneuerung der Heizungen in den Schulen, Anschaffung von so viel Computern, dass praktisch jeder Schüler an einem arbeiten kann, Gestaltung des Marktplatzes zu einer Multifunktionsanlage, Reparatur von Gehsteigen und Verschönerungen im Stadtzentrum durch neue Anstriche an Hausfassaden. Vorher sollen die Renovierungsarbeiten am Rathaus bis Ende April abgeschlossen sein.
Sehr kritisiert wurden im Gemeinderat Hausbesitzer, die vor dem Verkauf ihre Immobilie und das dazugehörige Grundstück nicht pflegen, was wegen des schlechten Anblicks auch für die jeweiligen Nachbarn ärgerlich ist. Schließlich werden auch gepflegte Anwesen nur ungern gekauft, wenn die Umgebung einen trostlosen Eindruck macht. Bis zum Ende des Jahres sollen Vorschriften für den Umgang mit Immobilien und Grundstücken erlassen werden.
Sehr erfolgreich waren wieder die Karate-Sportler bei Landeswettbewerben, wo sie 29 Auszeichnungen erhielten. Ungarische Meisterin ist inzwischen die Schachspielerin Anna Rudolf geworden, die auch bei einem Galaturnier in Paris unter 18 Teilnehmern den dritten Platz errungen hat und mit der ungarischen Nationalmannschaft in Peking gegen die Mannschaft Russlands einen Einzelsieg und ein Unentschieden errang.
Zum 12. Mal trafen sich ehemalige Bewohner Bátaszéks in ihrer Heimatstadt. Im Kulturhaus tauschte man Erinnerungen nach dem Motto aus: »Wir dürfen nicht vergessen, dass die Vergangenheit wie eine Wurzel ist, von der aus die Gegenwart lebt und die Zukunft sich entwickelt.«
Gustav Bächler/Adelheid Teiber

Gas
Das Ausbleiben der russischen Gaslieferungen traf auch Ungarn. Ungarn war zwar nicht so extrem betroffen wie die Slowakei und Bulgarien, die völlig von russischen Gaslieferungen abhängig sind. Doch auch Ungarn bezieht fast 80 % seiner Gasimporte aus Russland. Allerdings bestand in Ungarn keine Sorge zur Panik. Durch die Kälteperiode war zwar auch der Gasverbrauch in Ungarn im Januar auf 60 bis 80 Millionen Kubikmeter täglich angestiegen, was wesentlich mehr ist als bei milderen Temperaturen. Allerdings ergaben Berechnungen, dass die ungarischen Gasreserven von rund 3,5 Milliarden Kubikmeter trotzdem bis April reichen sollten. Vorsichtshalber wurden die Lieferungen an Großverbraucher eingeschränkt. So sahen sich viele Unternehmen gezwungen, den Betrieb vorübergehend einzustellen. Auch beim Suzuki-Werk in Esztergom wurde die Produktion still gelegt.
kjl

Streiks
Durch einen Streik zweier Gewerkschaften kam es am 10. Dezember zu großen Verspätungen und zahlreichen Flugausfällen am Budapester Flughafen Ferihegy. An den Folgetagen des Streiks gelang es dem Flughafenmanagement ein völliges Chaos zu vermeiden, sodass die meisten Flüge starten konnten. Allerdings wurde die Abfertigung der Fluggäste auf das Terminal 2B beschränkt, wo vier Gates genutzt werden konnten. Dies führte zu teilweise großen Verspätungen. Der Flughafen hatte allen Reisenden geraten, mehrere Stunden vor Abflug bereits am Flughafen zu sein, da alle Vorgänge wesentlich länger dauerten als sonst. Auch der Schienenverkehr Ungarns war durch Streiks lahmgelegt.
kjl

Rat der Weisen
Staatspräsident László Sólyom gab die Gründung eines vierköpfigen »Rates der Weisen« bekannt. Das vierköpfige Gremium soll langfristige Empfehlungen zur Entwicklung des ungarischen Bildungswesens beziehungsweise zur Zurückdrängung der Korruption ausarbeiten. Es soll in seiner Tätigkeit durch Expertengruppen unterstützt werden und die Ergebnisse seiner Arbeit binnen eines Jahres veröffentlichen. Dem Land gehören weltweit bekannte Experten an. Sólyom sagte: Um aus der Wirtschaftskrise herauszukommen, müsse das Land eine grundlegende Probleme lösen und ein positives Zukunftsbild erhalten.
WH
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